Es geht voran

 12. August 2024

Ursprünglich deutete Christoph  - wie schon erwähnt - mehrfach an, dass er mit 5 Jahren Reparaturzeit rechnen würde. Sicherlich ist diese Einschätzung im Nachhinein betrachtet tatsächlich etwas zu pessimistisch, denn nach bereits einem Jahr ist die Anlage weitgehend betriebsbereit. Ein erstes einfaches Anwendungsprogramm (Berechnung der Wochentage des Geburtstages in einem Leben) funktioniert und wir dürfen hoffen, dass es bald noch mehr sein werden. 


Über die Funktionsweise der Anlage wird an dieser Stelle noch weiter zu berichten sein. 



Hier lesen Sie jetzt, was Alex von seinen Erfahrungen mit speziellen Bauteilen in den alten Geräten geschrieben hat:

Nach dem Austausch einiger zerbröselter Zahnräder, Netzfilter  und Elektrolytkondensatoren erfreut sich unser alter IBM Klotz inzwischen bester Gesundheit. Praktisch alle Komponenten sind noch Originalteile und funktionieren.

Eine Sorte Bauteile gibt es allerdings, die wir vorsorglich ausgetauscht haben. Wie man auf den Bildern unten sieht ist die Maschine aufgebaut aus diversen einzelnen Modulen, sogenannten SLT Modulen. Diese werden in Backplanes gesteckt und so mit dem Rest des Rechners verbunden. Der Einfachheit halber und zum Senken der Kosten hatte IBM damals zur Stabilisierung der Spannungen auf jedem Modul dieselben Tantal Kondensatoren mit der Spezifikation 680pF/60 Volt verbaut. Für die meisten Module ist das mehr als genug Sicherheitsabstand zur Betriebsspannung, welche  +3, -3, +6, +12 und +48V beträgt.

Jedoch ist die 48V-Spannung damit so gut wie nicht stabilisiert. Zwar werden hiermit hauptsächlich diverse Spulen bzw. Mechanik angesteuert, bei denen es relativ gleich ist, ob sie nun 44V oder 55V bekommen, wobei man sich bei der rustikalen Steuerung das Netzteils eher nach "oben" orientierte. Aber damit kommt man gefährlich nah an die spezifizierte maximale Spannung, die besagte Kondensatoren 1966 vertrugen.

Tantal Kondensatoren sind zwar extrem robust, aber wenn diese dann ihren Magic Smoke entlassen, dann passiert das meist katastrophal mit viel Hitze und einem Kurzschluss. So war es auch bei unserer Maschine. Der erste Testlauf hinterliess Rauch und lange Gesichter. Als wir dann im Nachhinein erfuhren, dass eine andere Maschine (welche zurzeit in USA restauriert wird) dasselbe Problem hatte, da war dies schon ein wenig tröstlich. Geteiltes Leid ist halt halbes Leid und weniger peinlich.

Der in unserer Maschine entstandene Schaden ist inzwischen repariert, die defekten SLT Module sind ausgetauscht. Die Ersatzteile stammen aber aus einer alten Maschine, welche wir nicht ausgestellt haben, sondern als Ersatzteillager verwenden. Somit sind sie gleich alt wie der Rest der Maschine, so dass ein neuerlicher Defekt nicht ausgeschlossen werden kann, aber hoffentlich vermeidbar ist. Normalerweise verwenden  wir im  Museum praktisch mur Teile aus ausgeschlachteten Geräten oder "new old stock". Tantal Kondensatoren sind aber eine Ausnahme. Diese altern eingebaut in Geräten genauso wie in der Schublade, ja eigentlich dort noch schneller als in Benutzung. Somit ist Opas Grabbelkiste ein "no-go". Also immer neue verwenden, auch wenn es nicht so historisch ist.

So fanden letzten Freitag ein paar neue Tantal Kondensatoren aus frischer Produktion den Weg in die Maschine, dort wo die 48V an Modulen anliegen. Dem versierten Zuschauer wird sofort auffallen, welche Teile nicht zeitgemäss sind. Leider war zudem ein exakt gleichwertiges Teil gar nicht mehr so einfach zu bekommen und daher sieht man statt 1x 680 pf/60 Volt Kondensatoren jetzt 2x solche mit jeweils 1.5uF/50 Volt in der Maschine.

Als Ergebnis hat der Operator nun ganz sicher ein besseres Gefühl beim Einschalten, und wir sind für die nächsten ungefähr 60 Jahre gerüstet.

reparierete SLT Karten: Die neuen Kondensatoren sind beiden gelben im Vordergrund.

Die Kondensatoren sind in Reihe geschalten, doppelte Spannungsfestigkeit, halbe Kapazität. 

Backplane wo die SLT Karten drin wohnen.