Endlich hat das CMbB einen Rechner in exzellentem Zustand mit Lichtgriffel (engl. light pen) erhalten, um dieses faszinierende und sehr alte grafische Eingabegerät demonstrieren zu können. Wir danken der Uni Zürich herzlich für die Spende.
Das Telebyte Netscope 901 Model II ist ein RS-232-Analysator, mit dem die Signale einer seriellen Schnittstelle untersucht und auf dem Monitor dargestellt werden können. An dem Spiralkabel hängt ein besonderer Stift.
Dem Gerät von 1986 fehlt eine Tastatur. Stattdessen wird ein Röhrenbildschirm mit dem 1955 vom MIT (Boston) entwickelten Lichtgriffel verwendet.
Das Video zeigt den Lichtgriffel in Funktion. Man tippt mit der Spitze an eine Stelle des Monitors. Befindet sich hier eine Schaltfläche oder virtuelle Taste, wird diese ausgelöst.
Doch wie weiss der Rechner, wo sich der Lichtgriffel gerade befindet?
Ein Röhrenbildschirm der hier gezeigten Art baut das Bild kontinuierlich zeilenweise auf. Diese Zeilen sind bei näherem Hinsehe auch als feine horizontale Linien im Bild erkennbar.
Unser Auge ist zu langsam, um dieses schnelle zeilenweise "Beschreiben" des nachleuchtenden Fluoreszenzschirms durch einen Elektronenstrahl zu erkennen. Wir nehmen nur ein leichtes Flimmern wahr. Dennoch saust ein heller Schreib-Punkt ständig und exakt positioniert über das Bild. Diesen hellen Punkt nimmt ein Fototransistor in der Spitze des Lichtgriffels wahr. Das Wort Lichtgriffel benennt also kein Instrument, welches Licht aussendet, sondern eines, das Licht detektiert. Das ist ähnlich wie bei unserem Spielcomputer Entenjagd (s. unten).
Neben dem Fototransistor befindet sich ein Taster in der Spitze. Wird der Monitor angetippt und so der Schalter betätigt, liest der Rechner den Fototransistor aus. In dem Moment des vorbeiziehenden Lichtblitzes vom Monitor wird die genaue Koordinate des Bildpunkts bekannt, sodass der Rechner die Position des Stifts berechnen kann.
Beim Lichtgriffel handelt es sich um eine sehr alte Eingabemethode, die später auch in Computerspielen (z.B. Nintendo duck hunt, Entenschiessen - wie weiter oben schon angedeutet) in etwas abgewandelter Form Anwendung fand. Hier wird die Fehldeutung noch prägnanter, denn die Lichtpistole schiesst nicht (mit Licht), wie es Pistolen normalerweise tun. "Schiessen", das tut der Bildschirm, und die Pistole ist wie der Lichtgriffel ein Empfänger.
Der Lichtgriffel ist deutlich älter als die Computermaus, die erst in den 1980er-Jahren grosse Verbreitung erfuhr.
Konzeptuell ist der Lichtgriffel auch die Vorstufe zum heute beliebten "touch screen", wie er in Smartphones und Tablet-PCs zum Einsatz kommt. Mit heutigen Monitoren, die aufgrund sehr schnellen (hochfrequenten) Bildaufbaus nicht mehr flimmern, würde das Prinzip des Lichtgriffels nicht funktionieren.
Die fest im Gerät gespeicherte Software dieses Analysecomputers blendet bei Bedarf zur Eingabe von Text eine vollständige Bildschirmtastatur ein. Da es sich um ein mobiles Gerät zum Wartungseinsatz handelt, sparte man sich bereits damals die Tastatur. Das Prinzip der grafischen Bedienung ist insbesondere heute bei sehr vielen Geräten äusserst beliebt.